Die ganze Woche

29.03.2015 13:30

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Wir haben den Krebs besiegt und uns wurde ein neues Leben geschenkt

Jedes Jahr erkranken in unserem Land etwa 40.000 Menschen an Krebs. Tumorerkrankungen stellen, nach Herz-Kreislaufkrankheiten, die zweithäufigste Todesursache dar. Die Diagnose trifft die Betroffenen zumeist wie ein Keulenschlag. Dennoch gibt es Erfolgsgeschichten. Dr. Thomas Hartl hat in seinem Buch „Lebe!“ (Ueberreuter Verlag) mit Menschen gesprochen, die den Krebs besiegten. Und noch mehr. Sie haben die Erkrankung als Chance gesehen und ein neues, besseres Leben begonnen.
Roswitha Maurhart, 39: Diagnose: Lymphknotenkrebs
„Wenn ich auf Urlaub fahren will, dann fahre ich einfach“
Roswitha Maurhart war 28 Jahre alt, als sie die Krebsdiagnose bekam. Heute muss sie alle zwei Jahre zur Kontrolle, gilt aber als „geheilt“. Dem Krebs „verdankt“ Maurhart ein neues Leben. „Ich schaue auf mich. Meine Freizeit ist mir heilig geworden. Ich brauche einige Stunden pro Woche für mich und die nehme ich mir. Wenn ich auf Urlaub fahren will, dann fahre ich einfach. Früher hätte ich hin und her überlegt und wäre dann doch zu Hause geblieben, weil es zu viel gekostet hätte. Und dann hätte ich gejammert, dass ich mir das nicht leisten kann. Damit ist es heute vorbei. Jammern gibt es nicht mehr. Ich begreife mein Leben als neue Chance. Endlich stehe ich zu mir und bin stark genug zu zeigen, wer ich bin. Ich habe mich sogar ohne Haare fotografieren lassen, darauf bin ich stolz.“

Andreas Auer, 46, Diagnose: Lymphknotenkrebs
„Ich laufe jeden Tag dem Sonnenaufgang entgegen“
Andreas Auer war 40 Jahre alt, als er die Diagnose Krebs erhielt. Heute ist er genesen und ein neuer Mensch. „Ich begann mit Ausdauertraining. Meine Firma veranstaltete einen Marathon, das war mein Ziel. Heute laufe ich fünf Mal pro Woche. Ich genieße es, in der Früh dem Sonnenaufgang entgegenzulaufen. Dann denke ich: Danke, dass ich das erleben darf. Früher wollte ich Karriere machen, jetzt steht Gesundheit und Familie vorne. Ich esse gesund, Vollkorn und Obst. So dumm es klingt, ich bin dem Krebs ein wenig dankbar.“

Sonja Kitzmüller, 44, Diagnose: Darmkrebs
„Das Leben hat mir das Stopp-Schild gezeigt und mich wachgerüttelt“
„Im Jahr 2011 hörte ich das, was sich niemand wünscht: ‚Es tut uns leid, Sie haben Krebs. Sie haben einen Tumor im Schließmuskel‘“, erinnert sich Sonja Kitzmüller. Es folgten Chemozyklen und eine Operation zur Entfernung ihres Mastdarmes. Kitzmüller bekam einen Seitenausgang, einen sogenannten Stoma. Trotz einiger herber Tiefschläge möchte Kitzmüller die Erfahrungen nicht missen. „Das Leben hat mir ein Stoppschild gezeigt und mich wachgerüttelt. Ich bin eine Frau geworden, die offen für Neues ist, voller Ideen und Tatendrang. Mit meinem Stoma gehe ich ganz offen um. Ich trage einen Bikini, gehe in die Sauna, ich fahre Schi oder wandere. Statt Hektik habe ich erfahren, was Ruhe ist, statt zu machen und zu schaffen, weiß ich, wie schön es ist, nichts zu tun. Statt immer nur stark zu sein, kann ich Schwäche zulassen.“

Ingrid Poxleitner, 60, Diagnose: Brustkrebs
„Ich sage selbstbewusst zu mir: Ingrid, du bist liebenswert“
Ingrid Poxleitner erfuhr im Juli 2008 von ihrem Brustkrebs. Heute gilt sie als „gesund“. „Nach meiner ersten Diagnose ist etwas Wunderbares geschehen, mein erstes Enkerl kam auf die Welt. Das war ein Grund zu kämpfen. Die Jahrzehnte vor dem Krebs waren nicht schön. Ich habe für alle geschuftet, kam selbst immer an letzter Stelle. Durch die Diagnose wusste ich, ich musste etwas ändern in meinem Leben. Früher mochte ich micht nicht. Heute kann ich mich vor den Spiegel stellen und selbstbewusst sagen: Ingrid, du bist liebenswert. Ich gehe ganz anders in den Tag hinein. Ich freue mich über Kleinigkeiten, wie ein Kinderlachen. Mein Leben hat sich um 180 Grad gedreht. Alles hat sich komplett zum Guten gewandt. Auch wenn es komisch klingt: Mir hätte nichts Besseres passieren können.“

Peter Auer, 52, Diagnose: Darmkrebs
„Ich habe noch nie so gerne gelebt wie in diesem Moment“
Im Jahr 2005 wurde bei Peter Auer Darmkrebs festgestellt. Im Zuge der Behandlungen wurde ihm der Mastdarm entfernt. Auer bekam einen Stoma. „Einige Jahre nach der Diagnose erkannte ich, dass mir damit nicht die Zukunft gestohlen, sondern das Jetzt geschenkt wurde. Nach und nach konnte ich mich als denjenigen annehmen, der ich bin. Neue Menschen traten in mein Leben und neue Freundschaften entstanden. Natürlich hätte ich gerne auch auf eine gehörige Menge an Erfahrungen verzichten können, die mich an die Grenzen des Ertragbaren brachten und mich manchmal wünschen ließen, die Ärzte hätten den Krebs erst später entdeckt. Aber jetzt weiß ich, dass es ein guter Zeitpunkt war und ich noch nie so gerne und so bewusst gelebt habe wie in diesem Moment.“

Barbara Hagendorf, 47, Diagnose: Brustkrebs, chronische Krebserkrankung
„Ich habe meine Psyche und so den Körper gestärkt“
Barbara Hagendorf erhielt die Diagnose Krebs mit 40 Jahren. Zwei Mal kam der Krebs zurück. „Damals entschied ich mich, mein Leben zu ändern. Ich stellte meine Ernährung um und begann mit Sport. Früher war ich so ausgelaugt, dass ich nach der Arbeit keinen Schritt mehr tat. Heute hält mich nichts davon ab, in die Natur zu gehen und meinen Körper in Schwung zu bringen. Auch meine Psyche habe ich gestärkt, denn ist die Psyche krank, geht es dem Körper schlecht. Früher hatte ich Angst vor der Zukunft, heute genieße ich das Jetzt. Ich lebe nur noch im Augenblick. Ich bin dankbar, ohne den Krebs hätte ich nie so viele wunderbare Menschen kennengelernt und mein Leben nicht so positiv gestaltet.“